In einem kürzlich von mir gelesenen Buch beschrieb ein Mann, der in einem Kartenkiosk einer Ausgrabungsstätte arbeitete, dass er seinen Beruf langweilig fände, da er tagaus, tagein immer das gleiche sähe. "Nichts zu sehen als dämliche kaputte Mauern und Touristen." Worauf ihm sein Mitarbeiter entgegnete:"... schlussendlich braucht man in jedem Job eine gehörige Portion Humor und Phantasie,...". Diese Aussage passt auch sehr gut zu unserem Lehrerdasein und unserem Umgang mit den winzigen Erfolgen, die wir für uns verbuchen können. Als ich beschloss, über die Höhepunkte unserer Arbeit in diesem Schuljahr zu schreiben, glaubte ich noch, dass es doch nicht so schwierig sein könnte, wenigstens ein Erfolgserlebnis von jedem Kollegen zu erfahren. Auf meine Frage, was denn nun d a s positive Ereignis des heurigen Jahres sei, stöhnte fast jeder auf, blies sich kurz gegen den Haaransatz und vertröstete mich auf später. Ich wollte natürlich keinen unter Druck setzen, und bat, um eine kurze Notiz, die in meinem Fach hinterlegt werden sollte. Ich erwartete mir selbstverständlich eine rege Reaktion. Aber mitnichten - es war mühsam, doch noch die Höhepunkte einiger Kollegen zu ergattern. Zunächst war ich irritiert, weshalb das Interesse so gering war; doch beim Durcharbeiten der Glanzpunkte kam ich dahinter, dass es gar nicht so einfach ist, die wirklich (nach außen hin) geringfügigen Spitzen unseres erfolges zu verbalisieren. Wenn ein Außenstehender zum Beispiel Ernis Höhepunkte erfährt (sie freut sich auf die Schullandwoche, die Erstkommunion und den Schwimmunterricht), könnte er milde lächeln. Wer aber weiß, wieviel Energie dahintersteckt, eine Schullandwoche zu organisieren und vor allem die Eltern aller Kinder zu überzeugen, wie gut es jedem einzelnen Schüler tut, hier dabei zu sein, der lächelt nicht mehr. Interessant war für mich auch, dass zwei unserer Werkerzieherinnen ähnliche Höhepunkte hatten, obwohl sie sich vom Charakter her erheblich unterscheiden, denn beide hatten große Freude, zu Kindern aus zwei verschiedenen Anfängerklassen relativ rasch einen guten Zugang erlangt zu haben. Dies sind erst zwei Beispiele dafür, mit welch kleinen Fortschritten wir zu leben gelernt haben. Wir sehen Positives in Dingen, die für einen "normalen" Lehrer selbstverständlich sind. Mir bereitet das Arbeiten heuer z.B. wieder viel Freude, da ich das Gefühl habe, eben wieder wie ein Lehrer zu arbeiten (ob es ein Volksschullehrer auch so sehen würde, sei dahingestellt). Jeder hat bei uns in der Schule seinen Platz gefunden, der ihn erfüllt und nur deshalb können wir mit winzigen Höhepunkten zufrieden sein. Ein weiteres Beispiel für geringe Erwartungshaltung ist Irina. Sie freut sich über die gute Integration Ibrahims in ihre Klasse. Gerade bei diesem Kind hätte ich mir vorstellen können, dass sich niemand findet, der ihn mit offenen Armen aufnimmt und sich auch noch über die Arbeit mit ihm freut. Womit wir wieder am Anfang wären, dass wir eben geringe Erwartungen haben und uns darüber übermäßig freuen können. Wir arbeiten eben mit Humor und Phantasie. |